Inklusion und Teilhabe

Inklusion: Das Recht auf selbstbestimmtes Leben für alle

Die gleichberechtigte Teilhabe am Leben – unabhängig von körperlichen oder geistigen Einschränkungen, Alter, Herkunft oder Bildungshintergrund – ist ein grundlegendes Menschenrecht. Seit ihrer Gründung vor 55 Jahren setzt sich die bbw-Gruppe auch dafür ein, dass Inklusion nicht nur Anspruch bleibt, sondern im Alltag einer offenen Gesellschaft fest verankert ist.
Was Inklusion bedeutet, zeigt sich nicht in theoretischen Konzepten, sondern in jeder Lebenssituation: Wenn ein Kind mit Unterstützungsbedarf in einer Feriengruppe gemeinsam mit anderen spielt, wenn ein psychisch erkrankter Mensch durch Qualifizierung den Weg zurück in den Beruf findet, oder wenn Senior*innen möglichst lange selbstbestimmt leben können.

Die Angebote der bbw-Gruppe richten sich an Menschen in allen Lebensphasen: von der frühkindlichen Förderung über Schul- und Studienbegleitung, Erwachsenenbildung, Berufsorientierung und -integration bis hin zur Alltagsbegleitung im Alter. Durch Initiativen der bbw-Gesellschaften gfi, faw oder bfz entsteht ein umfassendes Unterstützungssystem – individuell zugeschnitten, wohnortnah und flexibel.

„Lebensphasen der Inklusion“ 

Begleitung von Kindern und Schüler*innen mit Behinderung

Angebote zur Ausbildung und beruflichen Qualifizierung von Jugendlichen mit Behinderung

Integration von Menschen mit physischen und psychischen Erkrankungen im Arbeitsmarkt

Begleitung von Senior*innen im Alltag

Kinder stärken, Eltern entlasten: Inklusion von klein auf

David hat das Down-Syndrom. Dass der Zehnjährige gemeinsam mit Kindern ohne Beeinträchtigung seine Ferien kreativ, sportlich und handwerklich erleben kann, ist keine Selbstverständlichkeit – sondern das Ergebnis jahrzehntelangen Engagements und der Sensibilisierung für mehr Integration. Erst seit 2009, mit Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention, gilt gemeinsames Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung als Menschenrecht.

Damit dieses Miteinander auch in der Ferienzeit möglich ist, weitet die gfi seit Jahren ihre Angebote für inklusive Ferienbetreuung in Bayern aus. Der Fokus liegt dabei vor allem auf der sozialen Teilhabe aller Kinder und der Entlastung von berufstätigen oder alleinerziehenden Eltern.

„Eine inklusiv organisierte Ferienbetreuung ist eine große Bereicherung für alle Kinder und das Betreuerteam. Anfangs sind diejenigen zurückhaltend, die bislang keine Berührungen mit Kindern mit Beeinträchtigungen hatten. Aber bereits nach kurzer Zeit sind erfahrungsgemäß alle Hemmungen überwunden und die Kinder genießen gemeinsam ihre Ferien“, berichtet Kathrin Fuchs, Projektleiterin bei der gfi.
Gemeinsames Basteln, Spielen und Bauen machen Unterschiede zweitrangig. Was zählt, sind Spiel und Spaß auf Augenhöhe. So lernen die Kinder früh, Vielfalt als Bereicherung zu erleben – eine Erfahrung, die weit über die Ferienzeit hinaus wirkt.

Die Betreuer*innen gestalten die Aktivitäten so, dass die individuellen Stärken und Begabungen jedes Kindes berücksichtigt werden. Dafür müssen die Rahmenbedingungen stimmen – von barrierefreien Räumlichkeiten über die Betreuung in Kleingruppen von maximal 18 Kindern bis hin zur Qualifizierung des gfi-Personals. Nur so kann das Betreuungsteam mit pädagogischem Know-how, Flexibilität und Empathie auf die besonderen Bedürfnisse aller eingehen.

Selbstbestimmt und aktiv: Teilhabe im Alter

Nie waren ältere Menschen so fit und aktiv wie heute. Ihr Ruhestand ist ein Lebensabschnitt mit vielen Freiheiten und Perspektiven. Viele nutzen ihn für das, was ihnen am Herzen liegt: Sie engagieren sich ehrenamtlich und bringen sich noch stärker in ihren Familien und ihrem regionalen Wirkungskreis ein. Senior*innen sind für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft unverzichtbar. Umso wichtiger, dass ihre soziale Teilhabe gesichert ist.

Genau dafür steht ein Projekt: die Seniorenakademie Bayern. In den vergangenen zweieinhalb Jahren hat sie sich als zentrale Anlaufstelle für die Schulung und Unterstützung von Seniorenvertretungen und ehrenamtlich Tätigen in der Seniorenarbeit etabliert. Die Seminare behandeln vielfältige Themen aus den Bereichen bürgerliches und kommunales Engagement: Aufgaben und Arbeitsgrundlagen von Seniorenvertretungen, Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung bzw. Realisierung verschiedener Projekte. Das Interesse ist groß: 2024 wurden bayernweit über 450 Senior*innen geschult.
Mit der steigenden Lebenserwartung wächst die Zahl derjenigen, die auf Hilfe angewiesen sind. Wenn die körperlichen und geistigen Kräfte abnehmen, wird die Bewältigung des Alltags oft zum Problem. So lange wie möglich selbstbestimmt zu Hause leben – das wünschen sich fast alle. Doch genau dafür die passende Unterstützung zu finden, ist oft gar nicht so einfach. „Mit proSenio bieten die gfi in Bayern und die gfi proCare in Mecklenburg-Vorpommern genau diese Hilfe: haushaltsnahe Dienstleistungen, Einkaufsbegleitung oder einfach nur Zeit zum Zuhören“, erklärt Geschäftsführer Lars Pogadl-Kamper. „So wurden 2024 an inzwischen acht Standorten in ganz Bayern monatlich rund 2.200 Seniorinnen und Senioren versorgt.“
Die gfi ist nicht nur im Alltag für Pflegebedürftige da – an den Standorten Bayreuth, Hochfranken und Weiden bietet sie auch die gesetzlich vorgeschriebene Pflegeberatung in Form von Beratungsbesuchen bei den Senior*innen zu Hause an. Ziel ist es, passgenaue Unterstützung zu gestalten und Angehörige spürbar zu entlasten.

Services der proSenio umfassen unter anderem:

-   Hilfe im Haushalt, beim Kochen und beim Wocheneinkauf
-   Begleitung zu Arztbesuchen, Apotheken- oder Behördengängen
-   Bewältigung alltäglicher Aufgaben wie Terminvereinbarungen oder Schriftverkehr
-   Gemeinsame Aktivitäten – vom Spaziergang über das Vorlesen bis hin zur Kaffeerunde

Neustart mit Perspektive: Berufliche Trainingszentren (BTZ)

Die Ausbildung zum Restaurantfachmann war Daniels erster Versuch, in der Arbeitswelt Fuß zu fassen. Doch schon nach wenigen Monaten fühlt er sich überfordert und bricht ab. Ein neuer Job in der Produktion bringt zwar geregelte Abläufe, aber keine Erleichterung. Im Gegenteil: Die Belastung führt zu einem Krankenhausaufenthalt. Die Diagnose: eine ängstlich-depressive Störung. Für den damals 20-Jährigen ist klar: Allein komme ich da nicht raus. Wie könnte es beruflich für ihn weitergehen? Seine Reha-Beraterin verwies ihn an die Beruflichen Trainingszentren (BTZ) der faw.

Wie Daniel geht es vielen, die erstmals die BTZ kennenlernen – unsicher, erschöpft und ohne Plan, wie die Zukunft aussehen soll. Mittlerweile gibt es 15 Einrichtungen in ganz Deutschland. Jeden Tag begleiten die BTZ fast 1.000 Menschen mit psychischen oder neurologischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen und Autismus. Die Betroffenen finden hier die Zeit und Unterstützung, um sich gesundheitlich zu stabilisieren und beruflich neu zu orientieren. Ein Team von Expert*innen arbeitet dafür Hand in Hand – darunter Ausbilder*innen und Berufstrainer*innen aus den Bereichen Wirtschaft und Verwaltung, Dienstleistungen und Handwerk sowie Fachkräfte aus der Medizin, Psychologie, Ergotherapie und Sozialpädagogik.
Stellen sich erste Erfolge ein, ist das nicht nur für die Betroffenen motivierend. „Es ist wunderbar zu sehen, wenn die Teilnehmerin oder der Teilnehmer die eigene Stärke entdecken und an Selbstvertrauen gewinnen“, erklärt Maria Brüderle, Koordinatorin im BTZ.

Dann beginnt die berufliche Neuorientierung und Qualifizierung oder die Reintegration in den alten Beruf: Gemeinsam mit einem multiprofessionellen Team werden persönliche Interessen, Fähigkeiten und Leistungspotenziale ermittelt und ausgebaut.

Daniel schnupperte zuerst in die Kreativbranche und das Baugewerbe, bevor er den kaufmännischen Bereich für sich entdeckte. „Es hat sehr gut gepasst, darüber habe ich mich sehr gefreut. Ich konnte mich wieder motivieren und für Dinge begeistern. Endlich hatte ich das Gefühl, das Richtige gefunden zu haben“, resümiert Daniel.

Nach einem Jahr im BTZ begann Daniel eine Ausbildung im Büromanagement – mit mehr Selbstvertrauen, klarer Perspektive und wirksamen Strategien für schwierige Tage.

Die Leistungen der BTZ können nur wenige Wochen oder bis zu drei Jahre genutzt werden. Besonders wichtig ist die sechsmonatige Nachbetreuung, in der die Rehabilitand*innen weiterhin – je nach Bedarf – psychologisch und beruflich unterstützt werden.
Schlaglichter

Wenn schon der Schulweg zur Hürde wird

Die Zahl junger Menschen mit psychischen Belastungen nimmt seit Jahren zu. Doch das Schulsystem ist darauf nur unzureichend vorbereitet. Für Eltern von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten, Ängsten, Autismus-Spektrum-Störungen oder körperlichen Einschränkungen beginnt oft ein kräftezehrender Kampf: Wer hilft, wenn Schule nicht mehr allein zu schaffen ist?

Die Schul- und Integrationsbegleitung der bbw-Gruppe bietet Betroffenen die notwendige Unterstützung und ermöglicht ihnen den Besuch in Kindertagesstätten, Regel- oder Förderschulen – und selbst in Hochschulen.

Die gfi-Vertrauenspersonen helfen den Kindern und Jugendlichen, ihre motorischen, sozialen, emotionalen oder kommunikativen Schwierigkeiten auszugleichen. Oft sind es die unauffälligen Herausforderungen, die Inklusion erschweren – wie der Schulweg, die Pausen oder das Anziehen des Mantels für den Nachhauseweg.
„Häufig sind es Verhaltensdefizite, die Außenstehende nicht sofort erkennen und gerade deswegen zu Problemen führen“, erklärt Sabine Sporck, seit sechs Jahren gfi-Schulbegleiterin eines asperger-autistischen Jungen. „Ich erleichtere die Kommunikation zwischen Lehrkräften, Klassenkameraden und dem Kind. Wenn es zu Spannungen kommt, unterstütze ich bei der Suche nach Lösungen.“

Mittlerweile betreut die gfi jährlich über 430 Kinder und Jugendliche – ein Anstieg um mehr als ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr.

Strukturgebundene Schulbegleitung

Seit dem Schuljahr 2023/2024 testet die faw im Auftrag eines Jugendamtes das Projekt „Strukturgebundene Schulbegleitung“. Zwei Vertrauenspersonen unterstützen an einer Oberschule schnell und flexibel alle Schüler*innen, die besonderen Förderbedarf haben oder sich ein solcher abzeichnet.

Seit 2016 ermöglichen in Sachsen fast 60 Inklusionsassistent*innen der faw das gemeinsame Lernen von Schüler*innen mit und ohne Behinderung.

Systematische Begleitung

Integrationsbegleiter*innen der gfi proCare unterstützten 2024 rund 150 Kinder und Jugendliche an Kitas, Grund-, Förder- und Berufsschulen. Neu ist die systematische Schulbegleitung an zwei Grundschulen. Dahinter steckt eine sogenannte Pool-Lösung: Dabei ist die Hilfe nicht an eine feste Bedarfsperson gebunden, sondern richtet sich flexibel an diejenigen, die aktuell Unterstützung benötigen. Ein wesentlicher Vorteil angesichts der wachsenden Anzahl junger Menschen mit seelischen und sozialen Problemen. Denn so können Schulen schnell auf akute Förderbedarfe reagieren – ohne langwierige Antragsverfahren.